Tag 10: Murmansk – Medweschjegorsk (780 km)

Bevor es heute Richtung Süden geht, steht zunächst einmal ein Stadtbummel durch Murmansk an. Die Tageschallenge lautete den ersten Atomeisbrecher, die „Lenin“ zu finden, welcher 1959 in Dienst gestellt wurde. Dieser liegt im Hafen von Murmansk als schwimmendes Museum fest. Auf dem weg dahin suchen wir ein paar Schuhe für Martin im Einkaufszentrum der Stadt. Hier verstärkt sich das ambivalente Bild was Russland zeichnet. Straßen von allerbester Qualität und Schlaglöcher die aufgrund ihrer Größe nur noch mit einer Schubkarre voller Ziegelsteine zugeschüttet werden sind manchmal keine 50 Meter voneinander entfernt. Vor dem besten Hotel im Zentrum parkt der Bentley, keinen Steinwurf weit entfernt füttert ein altes, armes Ömchen die Tauben mit Brotkrumen. Moderne und Post-Moderne (das Internet insb. das Mobilnetz ist hier schneller als bei uns zuhause) und der äußerliche Verfall und nicht aufgearbeitet Zerfall der Vergangenheit, wie an den Gebäuden nach wie vor stolz prangende CCCP Wappen, roter Stern und Hammer und Sichel (und einmal haben wir sogar eine UdSSR Falgge gehisst gesehen) prallen hier mit soviel Wucht aufeinander das man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt, das es einen fast ershüttert. Die Vielfalt der Eindrücke die wir, nicht nur hier, sondern bereits auf der ganzen Reise, sammeln durften, erschlagen uns förmlich. Wir wollen mehr erfahren und mehr hier erleben.

 

Bevor unser heutiger Fahrabschnitt beginnt folgt der nächste bittere Abschied… für Martin. Für alle anderen ist er nur süß, lange herbeigesehnt und das Ende des im vergangenen Beitrag geschilderten Experiments. Die Chancen auf lebendige Ankunft mit Restgesundheit steigen damit dramatisch!!!

 

 

Unser Weg führt uns auf der einzigen ausgebauten Straße durch die Republik Karelien in Richtung St. Petersburg. Irgendein Motivationskünstler hat 1300 km als Entfernung angeschrieben. Die schier endlose Weite dieses Landes ist das nächste was einen sprachlos macht. Es dauert nicht lange da machen wir unsere erste Bekanntschaft mit der DPS (russische Verkehrspolizei). Ganz spontan werden wir herausgewunken. Kommunikation ist schwierig bis kaum möglich. Der Polizist deutet auf die Rückbank. Martin versteht nicht ganz und reicht dem Mann sein pinkfarbenes Einhorn-Nackenhörnchen. Der Polizist lehnt ab (dabei ist das Ding echt gemütlich…). „Riemii, Riemii“ ruft er und hält dabei den Fahrer-Gurt fest. Okay… wir haben verstanden. Martin zeigt seinen angelegten Becken“riemii“ und wir werden weiter gewunken.

Allgemeine Müdigkeit macht sich breit, dabei gibt die Landschaft zunächst wenig Anlass zum Desinteresse…

 

3478 Baustellen, in denen wir bedingt durch Schlaglöcher von der Größe ganzer Zwergstaaten mindestens 5000 Höhenmeter machen, später, haben wir rund 780 km zurückgelegt. Ganz nebenbei auch den Polarkreis wieder Richtung Süden überquert.Zwischendurch wird regelmäßig nicht nur Emma betankt, sondern auch wir, mit Kaffee und Pirrogi 🙂

 

 

Die karelische Mitternachtssonne begeleitet uns mit einem spektakulären Farbenspiel am Himmel durch die Nacht. Wir nächtigen in Medweschjegorsk wo wir mit Hilfe unserer Cousine Anna und Tante Nadja eine super Unterkunft mit Nacht-Check-in gefunden haben.

Beim Anblick des Onega Sees, unter einem Pastell-Himmel wird uns klar: Hier wollen wir nicht so schnell weg. Wir rechnen beim Gute-Nacht-Schluck kurz durch… St.Petersburg ist sinnlos. Wir haben mit An- und Abreise 12 Stunden, davor und danach keinen Schlaf. Wir schließen einen Pakt. Da wir uns alle auf die Zarenstadt gefreut haben, wollen wir dies nachholen, mit der Zeit die nötig und angemessen ist für die 2. größte Metropole Russlands. Wir holen das nach, aber bleiben morgen hier und versuchen weiter einzutauchen in Karelien.

 

1 Comment

  1. Hallo ihr Drei!
    Ich habe endlich die Zeit gefunden, mir einen Gin Tonic einzugießen und mir die letzten 5 Blogeinträge reinzuziehen 🙂 – Ehrlich! Ich finde die Reie toll und es ist beim Lesen fast so, als wäre man mit dabei 😉 – vll. hat Marcus ja doch seine wahre Bestimmung beruflich noch nicht ganz gefunden 🙂

    LG aus Greifswald

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